Mit dem Inkrafttreten des EU GMP Annex 1 („Herstellung steriler Arzneimittel“) stehen Pharmaunternehmen vor neuen Herausforderungen. Diese betreffen insbesondere die Fill-and-Finish-Prozesse, also die Abfüllung und Endbearbeitung von Arzneimitteln. Der Annex 1 stellt erweiterte Anforderungen an den Betrieb sowohl bestehender als auch neuer Anlagen. Unser Experte Ralf Wagner, Sales Director für die DACH-Region, Portugal und Spanien bei Optima Pharma, erläutert die Auswirkungen auf das Rüsten der Anlage und die Batch-Vorbereitung und präsentiert passende Lösungsvorschläge.
Eine zentrale Anforderung des Annex 1 ist die Minimierung manueller Eingriffe in den Produktionsprozess, wie sie in §8.16 beschrieben wird. Während Handschuheingriffe nach wie vor erlaubt sind, müssen sie streng risikobasiert analysiert und in der Contamination Control Strategy (CCS) erläutert werden. Automatisierungslösungen sind daher unerlässlich, um Eingriffe zu reduzieren und den Anforderungen des Annex 1 gerecht zu werden.
Im Verarbeitungsprozess des Sterilisiertunnels können sogenannte manuelle An- und Leerfahrrahmen oder automatisierte Leerfahrschieber zum Einsatz kommen. Diese Systeme sorgen dafür, dass Behältnisse während der Produktion innerhalb des Tunnels gleichmäßig verteilt werden. In der Vergangenheit wurden solche Eingriffe häufig manuell durchgeführt (Einsetzen des Anfahr-/Leerfahrschiebers, Entnahme mittels Handschuhe im aseptischen Umfeld), was nach den neuen Richtlinien aufgrund der Luftströmungsunterbrechung zum Ausschleußen der betroffenen Behältnisse führen kann. Durch den Einsatz von automatisierten Leerfahr-Systemen können diese manuellen Eingriffe vermieden werden, was nicht nur die Effizienz steigert, sondern auch die Produktqualität sowie Produktsicherheit erhöhen.
Ein weiteres Beispiel für innovative, KI-basierte Automatisierung ist das Entfernen falsch ausgerichteter Stopfen in den Zuführbahnen. Hier kommt ein Roboterarm zum Einsatz, der mit einer autoklavierbaren Nadel ausgestattet ist. Diese Technologie korreliert mit Kamerasystemen, digitalen Zwillingen und künstlicher Intelligenz, um falsch positionierte Stopfen ohne Produktionsunterbrechung zu identifizieren und vollautomatisiert zu entfernen, ohne dass manuelle Eingriffe erforderlich sind. Diese Lösung eignet sich auch für Hochleistungsanlagen, da sie die Notwendigkeit von Handschuheingriffen an kritischen Stellen des Prozesses deutlich reduziert und somit Stillstandszeiten sowie mögliche Folgefehler minimiert.
Ein weiterer wichtiger Prozessschritt ist das Entnehmen von Tyvek-Abdeckpapier von Trays oder Tubs. Hier wurde bei Optima eine autoklavierbare Lösung entwickelt, die das Risiko einer Partikelkontamination minimiert. Durch den Einsatz von Saugern an den Rändern des Abdeckpapiers in Kombination mit De-Ionisierungsstäben wird das Risiko einer Partikelbelastung in Behältnissen auf ein Minimum reduziert. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Erfüllung der Anforderungen des Annex 1 und zur Sicherstellung der Produktqualität.
Autor
Ralf Wagner
Director Sales D/A/CH, Spain, Portugal, OPTIMA pharma