Zwei komplexe technische Systeme verheiraten

Projekt: Integriert für hochaktive Wirkstoffe

Zwei komplexe technische Systeme, die erst gemeinsam eine Funktionseinheit bilden: Das „Verheiraten“ eines Isolators mit einer Füll- und Verschließlinie ist zentral im Fill-and-Finish-Projekt – insbesondere bei Anlagen für hochaktive Wirkstoffe. In diesem Kundenprojekt feierte zudem die erste Außenwaschmaschine Premiere, die nicht nur Vials, sondern auch Fertigspritzen und Karpulen reinigen kann.

Hochaktive Wirkstoffe stellen hohe Anforderungen: Sowohl der Schutz der Anlagenbediener als auch der sterilen Arzneimittel erlauben keine Kompromisse. Das Comprehensive Scientific Process Engineering (CSPE) erschließt dabei Vorteile: „Mit CSPE betrachten wir immer den gesamten Fill-and-Finish-Prozess, was eine besondere Turnkey-Kernkompetenz ist. Wir als Isolator-Hersteller haben beispielsweise direkten Zugriff auf alle Daten der Füll- und Verschließlinie und umgekehrt die Kollegen auf un­sere“, verdeutlicht Matthias Aster (Director Sales, Optima Pharma Containment) diesen Ansatz.  Und noch ein anderer roter Faden zieht sich durch dieses Projekt: „Einen ‚Team-Approach‘ mit dem Kunden, wie ich ihn zuvor noch nicht erlebt habe“, sagt Lucas Meyer (Projektmanager bei Optima Pharma). 

Für Sie entscheidend
  • Turnkey-Engineering und Ausführung für hochaktive Wirkstoffe: spezifisches Druckzonenkonzept, Reinigungsfunktionen und Filterkonzept
  • Premiere: neue Außenwaschmaschine für alle drei Behältnistypen (Vials, Spritzen, Karpulen)
  • Erweiterter Wash-down und Abtrennung von kontaminiertem Wasser
  • Kein Glas-zu-Glas-Kontakt über den gesamten Verarbeitungsprozess
  • Komplett durchgetestete Anlage mit Isolator und AHU im Rahmen des iFAT
  • Besonderer Team-Approach mit dem Kundenunternehmen
pharmazeutische Abfüllmaschine für Vials, Spritzen und Karpulen

Für hochaktive Wirkstoffe: Das Druckzonenkonzept, jedoch beispielsweise auch die Anordnung der Filter in der Fill-and-Finish-Anlage wurden kundenspezifisch angepasst.

Definierte Druckzonen

Generation verarbeitet, die der OEB 5-Klasse angehören. Das „Occupational Exposure Band“ beschreibt die Toxikologie des reinen Stoffes. OEB 5 entspricht einer Belastung von weniger als 1µg/m³ – in einem Kubikmeter dürfen sich nur weniger als 1µg des Wirkstoffes befinden.

Diese Produktarten erfordern neben dem Produktschutz auch einen speziellen Mitarbeiterschutz. Eine zenatrale Komponente der hier notwendigen Sicherheitseinrichtungen ist das Druckzonenkonzept. Die Isolator-Barriere der Anlage und Überdruck im Füll- und Verschließbereich gegenüber der Atmosphäre des Aufstellraums verhindern zunächst potenzielle Kontaminationen des Arzneimittels. Innerhalb der Füll- und Verschließlinie bestehen Druckkaskaden zwischen den Anlagenzonen. Diese Zonen sind nur über „Mouseholes“ miteinander verbunden, durch die die Behältnisse transportiert werden. Auch hier werden mittels Druck­differenzen vorhandene Partikel „gelenkt“.

Behälter in einer pharmazeutischen Abfüllanlage
Mouseholes verbinden die Anlagenzonen. Zusammen mit dem kundenspezifisch ausgelegten Druckzonenkonzept werden die Arzneimittel und die Anlagenbediener sicher geschützt.

Dabei weist die Füllzone einen Unterdruck gegenüber den angrenzenden Bereichen auf. Damit verbleiben Aerosole der HPAPIs (Highly Potent Active Pharmaceutical Ingredients), die sich beim Dosieren nie vollständig vermeiden lassen, wie gewünscht innerhalb der Füllzone. Ab der Verschließzone folgen in Richtung zur Außenwaschmaschine abnehmende Drücke. Final an der Außenwaschmaschine besteht nun gegenüber den vorgelagerten Zonen der Anlage sowie gegenüber der umgebenden Atmosphäre des Aufstellraums ein definierter Unterdruck. Potenziell vorhandene Partikel werden damit in diese unkritische Anlagenzone geleitet, was zugleich die Bediener schützt. Da die Behältnisse bereits verschlossen sind, können sie mit einer Außenwaschmaschine abgereinigt werden, um potenziell anhaftende Partikel zu entfernen – ein weiteres Element des Bedienerschutzes.

Dieses für hochaktive Wirkstoffe häufig anzutreffende Druckzonenprinzip wurde nach den Anforderungen des Kunden spezifisch angepasst und ergänzt. Hier weisen der Aufstellraum (Klasse C) und ein sich anschließender Umgebungsraum (Klasse D) gestaffelte Überdrücke gegenüber der lokalen Atmosphäre in weiteren Räumen auf. Sollte es zu einer Havarie kommen, bewirken diese „Air bubbles“ einen Schleuseneffekt. Die Wirkstoffe verbleiben im Ernstfall innerhalb des Aufstellraums (Reinraumklasse C).

Zwei Mitarbeiter vor einer Simulation am PC
Simulationen tragen immer zu optimierten Ergebnissen bei, in der grundlegenden Entwicklung neuer Funktionen sowie im spezifischen Projekt.

HPAPI-Anforderungen ans Engineering

Ein weiteres Kernelement in Anlagen für HPAPIs sind spezifische Filterkonzepte. Verschiedene Filtervarianten bieten die Möglichkeit, je nach Anforderungen und Kundenphilosophie, den Schutz des Produktes, des Bedieners und der Umgebung zu gewährleisten. Beim hier gewählten „Bag-in-Bag-out“-Prinzip werden Standard­filter verwendet, die überall auf der Welt erhältlich und vergleichsweise kostengünstig sind. Diese lassen sich nicht nur als Filtergruppe, sondern einzeln testen und bei Bedarf tauschen. Auch besteht beim Filterwechsel ein Sicherheitsvorteil, da die Filter unmittelbar eingeschweißt werden können. Der Großteil der Optima Kunden entscheiden sich für diese Variante.

Elementar für die Verarbeitung von HPAPIs sind außerdem die Reinigungsfunktionen der Anlage. Nach einem Batch wird die noch geschlossene Anlage mit Wasser abgereinigt, was in diesem Projekt teilautomatisiert geschieht. Nicht nur die Rückluftkanäle des Isolators, erstmals kann auch das Transportsystem automatisch abgewaschen werden. Wie üblich, werden weitere Bestandteile der Anlage von Anlagenbedienern über Handschuheingriffe und Handbrausen nach SOPs gereinigt. Allgemein spielen Simulationen beim CSPE eine große Rolle. „Beim Washdown sind wir zum Beispiel in der Lage, mit Simulationen die ganzen Prozessschrittketten in einem sehr frühen Stadium digital durchzuspielen. Gefällt etwas nicht, ändern wir es. Mit Simulationen können wir bis hin zu Tätigkeiten für die Qualifizierung mitbestimmen und dokumentieren“, verdeutlicht Matthias Aster.

Lucas Meyer berichtet, dass zudem in HAZOP-Studien (Hazard and Operability) untersucht wurde, wie sich extern verursachte oder interne Anlagenfehler auf die Sicherheit auswirken könnten und wie die Füll- und Verschließlinie darauf reagieren muss. Mit dem Kunden wurden dafür Szenarien durchgespielt: Was passiert beispielsweise, wenn einem Operator ein Tub herunterfällt? Wie reagiert die Anlage nach einem Notaus? Ein kontrollierter Maschinenstillstand erfordert exakte Regelungen für das Personal, aber auch hier wiederum für Komponenten der gesamten Anlage; beispielsweise definierte Ventilstellungen, die programmiert werden müssen. 

Abwicklung: ein integriertes Projekt

Für den Kunden wurde die neue MultiUse-Anlage im CSPE-Center bei Optima mit Isolator, einschließlich AHU (Air Handling Unit), aufgebaut und vorab in Betrieb genommen. Während einer intensiven iFAT-Phase wurden Tests von den Kabelbeschriftungen bis hin zu den „Handshakes“, der Signalübertragung zwischen Anlagenteilen, durchgeführt. Teil des Prüfprogramms sind auch die mechanischen und Software-Schnittstellen zwischen Isolator und Füll- und Verschließeinheit sowie die Sicherheitstechnik. Leaktests geben zudem Aufschluss darüber, ob der Isolator die für HPAPIs erforderliche hohe Anlagendichtigkeit aufweist.

Parameter für den „Wash-down“ wurden entwickelt und eine Vorab-Zyklusentwicklung für den Dekontaminationsprozess durchgeführt, was bereits eine Eingrenzung von Worst-case-Positionen im Isolator beinhaltet. Und schließlich wurde in Tests gemeinsam mit dem Team des Kunden jede einzelne Funktion von Isolator mit Füll- und Verschließlinie gemäß der spezifischen Funktionsbeschreibung durchgecheckt – was zum bestandenen iFAT führte.

Mitarbeiter und Kunden vor einer pharmazeutischen Maschine
Komplexes Projekt und viel Flexibilität: Der Team-Approach war prägend.
Filter-Rohre einer pharmazeutischen Fill-and-Finish-Anlage
Aus ergonomischen Gründen wurde die erste Filterstufe der Bag-inbag-out-Filter aus dem Technikgeschoss in den Reinraum verlagert.

„Ein Team“: Flexibilität und Unterstützung

Und der eingangs erwähnte Team-Approach? Der zeigte sich auf vielfältige Weise: Noch während des Mock-ups wollte der Kunde die erste Filterstufe des Bag-in-bag-out-Konzepts aus ergono­mischen Gründen in den Reinraum verlagern. Heute befindet sich nur noch der redundante „Polizeifilter“ im Technikgeschoss. Auch die iFAT-Phase spiegelt die enge Zusammenarbeit mit dem Kunden wider, als dieser einen Handschuheingriff geändert haben wollte. Beide Seiten kamen überein, dass diese Änderung am Ende Vor­teile bringen würde. Mit dem nun versetzten Eingriff läuft die Anlage auch beim Stopfennachfüllen konstant durch.

Der „Ein-Team-Gedanke“ zeigte sich auch, als das Kunden-Team in Schwäbisch Hall freiwillig die Spätschicht wählte, um Optima bei Tag Arbeiten an der Anlage zu ermöglichen. Und schließlich ab dem Zeitpunkt des Eintreffens der Anlage in Carlow: Über die gesamte Installation der Anlage hinweg sei es geradezu mustergültig gewesen, wie Optima von Kundenseite unterstützt wurde und wie koordiniert die Organisation verlief, berichtet Lucas Meyer.

Kurz vor Weihnachten 2023 wurde die Anlage ins Unternehmens­gebäude eingebracht, im zweiten Halbjahr 2024 waren alle SAT-Tests wie vorgesehen bestanden. Ein zügiger Zeitplan, der vor allem auch deswegen realistisch war, da die Anlage noch in Schwäbisch Hall vom Kunden vollständig in 3D ausgemessen wurde. Daraufhin wurde die Anlage am künftigen Aufstellort im Füllraum projiziert und peripheres Equipment passend bestellt. Die reine Installationszeit betrug daraufhin nur etwa sechs Wochen.

Neue Außenwaschmaschine und weitere Innovationen

Eine neue Außenwaschmaschine, die Teil der installierten Anlage ist, reinigt erstmals die drei Behältnistypen Vials, Fertigspritzen und Karpulen. Das setzt ein neues, flexibles Transportsystem voraus. Darüber hinaus sind Details entscheidend wie die Abdichtung der Behältniskopfbereiche während des Waschens, berichtet Project Engineer Benjamin Hofmann. Aufgrund des Kapillareffekts wäre Wasser hier nachträglich kaum noch zu entfernen. Die neue Außenwaschmaschine und die OPTIMA MultiUse, für die sich der Kunde entschieden hat, ergänzen sich somit perfekt. Denn auch die MultiUse ist auf die drei Behältnistypen ausgelegt. Bis zu 9.000 RTU-Behältnisse werden mit ihr pro Stunde verar­beitet.

Wie erwähnt, wurde erstmals auch ein teilautomatisiertes Nass-Reinigungssystem für den Bereich des Transportsystems der Füllmaschine realisiert. Dieses arbeitet mit Sprayballs. Die Return Air Ducts des Isolators werden mit Sprühlanzen und Sprayballs vollautomatisch gewaschen. Optima ist davon überzeugt, dass dies in Kombination mit Handbrausen und SOPs die derzeit optimale Teilautomatisierung ergibt. Eine 100 %-Vollautomatisierung würde viele zusätzliche Düsen und einen stark erhöhten Wasserverbrauch nach sich ziehen. Eine weitere neue Funktion in der Anlage trennt kontaminiertes und nicht-kontaminiertes Wasser über ein Ventil in verschiedene Abläufe. Damit reduziert sich der Aufwand für Behandlung und Entsorgung des kontaminierten Wassers.

Weitere Eigenschaften des MultiUse-Systems von Optima wirken sich gerade auch bei der Verarbeitung von hochaktiven Wirkstoffen aus. So beispielsweise das objektschonende Transportsystem, das jedes Behältnis greift und weiterreicht und dabei von Anfang bis Ende des Fill-and-Finish-Prozesses Glas-zu-Glas-Kontakt vermeidet. Dies anstelle eines Transportbandes, das zudem potenziell vorhandene Wirkstoffe „durchtransportieren“ würde.

Product-Saving-Features wie Re-Dosing und Re-Capping, für die sich der Kunde entschieden hat, haben den willkommenen Nebeneffekt, den potenziellen Ausschuss und damit dessen aufwändige Entsorgung zu reduzieren. Auch der Schlechtausschub wurde den besonderen Anforderungen angepasst. Anstelle von Vakuum­rädern, die die hochaktiven Wirkstoffe ansaugen könnten, kommen Greifer für den Transport zum Einsatz.

Ventil mit zwei Abläufen

Ein Ventil, zwei Abläufe: Kontaminiertes und nicht-kontaminiertes Abwasser werden getrennt. Der Aufwand für die Entsorgung ist reduziert.

Abfüllung von Spritzen in einer pharmazeutischen Abfüllanlage

Das Transportsystem verhindert potenzielle Wirkstoff-Verschleppungen und arbeitet objektschonend. Erstmals wird hier halbautomatisch gereinigt.

Der Turnkey-Faktor

Rückblickend auf die initiale Investitionsentscheidung seien ins­besondere die Faktoren Safety und Design, Technik, Wirtschaftlichkeit und Partnerschaft zentral gewesen, berichtet der Projektleiter des Kunden. „Außerdem war uns klar, dass Optima mit der Fähigkeit, turnkey zu liefern, einen zusätzlichen Vorteil bieten würde, der auf all diese Faktoren einzahlt.“

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