Digitalisierung ist viel mehr als Daten sammeln und vernetzen. Sie erlaubt den Einsatz vieler Tools, die Hersteller von Arzneimitteln beim Erreichen ihrer Ziele unterstützen. Maximale Verfügbarkeit der Anlagen und eine hohe Produktionssicherheit stehen im Mittelpunkt. Dazu verfolgt Optima Pharma vor allem drei wichtige Ansatzpunkte.
Immer individuellere Produkte sind ein guter Grund, Methoden der Digitalisierung einzusetzen. Handelt es sich um hochpreisige Produkte, die auf komplexen Maschinen oder Anlagen hergestellt werden, ist der Impact sogar noch viel deutlicher. Zahlreiche Unternehmen der Pharmaindustrie zeigen daher inzwischen großes Interesse an den Optimierungsmöglichkeiten, die sich durch Digitalisierung in der Produktion erschließen lassen. Die Tools dafür entwickeln die Automatisierungsexperten bei Optima Pharma seit einiger Zeit, immer mit dem Fokus auf den Kundennutzen. Heiko Ellwanger, Director Automation Technology, betont: „Dabei geht es uns um konkrete Use Cases, in denen ein entsprechend großer Vorteil für unsere Kunden entsteht.“ Insbesondere Fortschritte bei der Verfügbarkeit der Anlage seien mit Tools der Digitalisierung zu erreichen. Auch ein maximaler Yield (minimaler Ausschuss) bei hoher Ausbringung war schon bislang ein wichtiges Ziel und ist mit Hilfe bestimmter Digitalisierungsprodukte nun noch besser als früher erreichbar. Weitere Anforderungen ergeben sich aus der personalisierten Medizin. Drei Aspekte der Digitalisierung sind es, die in der Pharmaproduktion nachhaltig Nutzen bringen: zum einen die sogenannte „Manufacturing Intelligence“. Sie umfasst die Generierung und das Management der Daten, die im Produktionsprozess anfallen. Aspekt Nummer zwei ist die Unterstützung w.hrend des Produktionsprozesses, durch die Bedienerrisiken minimiert werden können. Und der dritte Aspekt betrifft Verbesserungen in der Instandhaltung, bei der sich die Digitalisierung besonders positiv auf die Wartungsplanung auswirkt und auch ökonomische und ökologische Vorteile bringt.
In der Arzneimittelherstellung sind Produzenten mehr als in jeder anderen Branche verpflichtet, die Produktsicherheit zu gewährleisten und dies auch nachzuweisen. Bei jeder Spritze, Karpule, Ampulle oder Vial sichert der Pharmazeut ab, dass dies gegeben ist, indem er relevante Daten aus der Produktion erfasst und speichert. Durch den Trend zur personalisierten Medizin bekommt das einen noch höheren Stellenwert. Die Nachverfolgbarkeit der Prozessdaten, insbesondere in kritischen Prozessschritten, ermöglicht es, die nötige Transparenz der Produktqualität sicherzustellen. Es ist originäre Aufgabe der Digitalisierung, Daten verfügbar zu machen, diese entsprechend zu speichern und geordnet und kontextualisiert wiederzugeben. Damit kann zu jedem einzelnen Produkt die Historie von den Ausgangsstoffen über Herstellung und Abfüllung bis hin zur Auslieferung rückverfolgt werden. Dies bringt nicht nur dem Patienten, sondern auch dem Hersteller ein Plus an Sicherheit.
Diverse Tools der Digitalisierung zielen darauf ab, den Anlagenbedienern sowie den Technikern das Leben so leicht wie möglich zu machen. Hilfestellungen, die dazu beitragen, dass diese weniger Fehler machen oder ihre Aufgaben schneller und sicherer erfüllen können, wirken sich gleich mehrfach positiv aus. Relativ fehleranf.llig ist etwa der Prozess der Maschinenumrüstung zwischen einzelnen Produktionsbatches oder -kampagnen. Insbesondere bei Verwendung von Isolatoren kostet ein Fehler, der erst während des Dekontaminationszyklus entdeckt wird, viel Zeit. Dies torpediert nicht nur die Produktionsplanung, insbesondere, wenn es um Produkte geht, die innerhalb eines definierten Zeitraums abgefüllt werden müssen. Die verminderte Anlagenverfügbarkeit reduziert bei hochpreisigen Produkten den Aussto. und damit den Gewinn deutlich. Bei zahlreichen Bedienereingriffen in der Produktion, bei Formatwechseln, Line Clearance etc. gilt es daher, den Bediener sozusagen „an die Hand zu nehmen“ – mit diversen digitalen Werkzeugen. Das Level der Unterstützung kann an den Ausbildungs- und Wissensstand des Bedieners angepasst werden. Sei es, dass man ihm die SOP (Standard Operating Procedure) am Maschinen-HMI einfach anzeigt oder ihm sogar mit Hilfe einer Augmented-Reality-Brille Schritt für Schritt in sein Sichtfeld einblendet, was zu tun ist. Dies minimiert die Fehlerwahrscheinlichkeit extrem. Zudem k.nnen die digitalen Instrumente auch genutzt werden, um die tatsächlich ausgeführten Tätigkeiten aufzuzeichnen. Gerade, wenn im Nachgang der Produktion Fragen zum exakten Ablauf auftauchen, ist dies äußerst hilfreich.
Nicht wenige der Daten, die in der Produktion ohnehin anfallen oder bei Bedarf zusätzlich gewonnen werden, können nachhaltig für die Instandhaltung genutzt werden. Auf Basis einer Schwachstellenanalyse werden die relevanten Operatoren oder Module der Maschine mit spezieller Sensorik überwacht. Die Darstellung der Trendentwicklung bestimmter Werte erleichtert es, in Verbindung mit Expertenwissen vorherzusagen, wann ein Bauteil das Ende seines Lebenszyklus erreicht haben wird – und vorher zu handeln. Vorausschauende Wartung und Instandhaltung beinhaltet nicht nur, den optimalen Ersatzzeitpunkt zu erkennen. Der Wartungseinsatz kann so zielgerichtet geplant werden. Zudem werden Komponenten nicht mehr unnötig oder zu früh getauscht, was im Sinne der Nachhaltigkeit unterstützt werden sollte. Vor allem aber ist die vorausschauende Instandhaltung ein probates Mittel, ungeplanten Anlagenstillständen und Maschinenausfällen vorzubeugen.
Mit diesen drei Aspekten sind die Möglichkeiten der Digitalisierung noch lange nicht erschöpft. In den vergangenen zwei Jahren sind diesjedoch die Use Cases, die in etlichen Projekten von Optima Pharma bereits umgesetzt wurden. über all dem steht der Wunsch der „Pharmazeuten“, Prozesse so transparent wie möglich zu machen. Dank breiter Datenerfassung und strukturierter Speicherung ist es beispielsweise möglich, Fehlern auch nachträglich auf den Grund zu gehen, um sie künftig auszuschließen. Etwa, wenn ein Produkt im Qualitätslabor nicht innerhalb der Spezifikation ist. Liegen dann sämtliche Einflussfaktoren auf die Qualität als Datensammlung vor, kann die Analyse und Behebung etwaiger Fehler gelingen. Dies ist keine grundsätzlich neue Idee. Doch erst dank ausreichender Rechnerleistung lässt sie sich umsetzen. Software und Hardware, IT und OT (Operation Technology) spielen dazu heute Doppelpass. Das Erfassen von Daten ist ebenso wichtig wie die grafische Darstellung. In naher Zukunft wird auch Künstliche Intelligenz(KI) eine Rolle spielen. Heiko Ellwanger erläutert: „Oft kann ein Experte einen Trendverlauf deuten. Dank KI, die entsprechend angelernt wurde, ist auch ein Maschinenbediener dazu in der Lage.“ So kann beispielsweise aus einem Drehmomentverlauf eines Motors der Ausfall eines Bauteils prognostiziert werden. Oder noch wichtiger im Pharmabereich: Aus Trenddarstellungen bestimmter Prozesswerte wie Temperaturen oder Drücke können kritische Zustände des gesamten Prozesses abgeleitet werden, die zu Out-of-Spec-Produkten führen könnten. Der Experte oder ersatzweise die KI können rechtzeitiges Gegensteuern auslösen. Eine zunehmend wichtige Rolle spielt Digitalisierung beim Changeover und der Line Clearance. Dabei werden beispielsweise Produktpfade ausgetauscht oder entleert und Packmittel entfernt. Schließlich wird die Anlage gereinigt und sterilisiert, bevor die nächste Kampagne gefahren werden kann. Marcel Biedermann, Project Engineering Manager bei Optima Pharma, weiß: „Hierbei bestehen Risiken, die den Produktionsprozess massiv beeinträchtigen können. Daher unterstützen wir hier den Bediener ebenfalls mit digitalen Methoden.“ Mit Hilfe von virtuellen Techniken könne dieser beispielsweise neuralgische Punkte schneller identifizieren. Das Wichtigste sei aber auch hier, ihn digital durch die vom Kunden spezifizierte SOP zu führen.
Zusätzlich können Kameras eine Rolle spielen. In der Anlage platziert ermöglichen sie es, den Maschineninnenraum zu beobachten. So hat der Produktionsleiter von seinem Büro aus immer einen Blick auf den Prozess. Bei Bedarf kann er schnell intervenieren. Highspeed-Kameras verschaffen zudem im Rückblick Klarheit. Beim Einrichten der Maschine oder im Fehlerfall können kritische Prozesse mit ihrer Unterstützung genau analysiert werden. All die Angebote, die digital die Produktion unterstützen, werden sukzessive erweitert. Ein wichtiger Bestandteil ist der Operation Support, bei dem Bediener u. a. mit Videotutorials unterstützt werden. Unter Data Management werden unter anderem die Tools für die Fehleranalyse, zum Beispiel mit Hilfe von Kameras, gebündelt. Der Changeover Support umfasst die Leistungen für den sichereren Formatwechsel. Und mit der „Digital Documentation“ unterstützt Optima Pharma die Techniker und Bediener mit umfassenden technischen Informationen wie Schaltplänen, P&ID-Schemata, Betriebsanleitungen etc.
Digitalisierung hilft jedoch nicht nur dem Kunden. Auch Optima Pharma selbst profitiert. „Für unser Engineering ist das CSPE-Paket essenziell“, meint Ellwanger. CSPE steht für Comprehensive Scientific Process Engineering und umfasst zahlreiche Tools, die von der Konzeptphase über den integrierten FAT bis in die Betriebs- und Modernisierungsphase als Beschleuniger wirken. Neben Digital Engineering und Simulation nutzen die Ingenieure auch Virtual Reality, um sich in einem frühen Planungsstadium ein Bild von der Anlage machen zu können. Einige Kunden haben bereits vom digitalen Mockup profitiert, der gerade in Zeiten von Corona gerne genutzt wird. Gar nicht digital und virtuell schließlich ist das, was im CSPE-Center stattfindet: ein integrierter FAT (iFAT), der seinen Namen verdient – dank Versorgung mit Prozessw.rme, vollentsalztem Wasser und Druckluft. Im Zuge der Corona-Pandemie mit ihren strikten Reisebeschränkungen wurden iFATs auch bereits mithilfe virtueller Technik begleitet, über die der Kunde bei jedem Schritt „live“ dabei sein konnte, ohne anzureisen. Alle CSPE-Instrumente sind auf eine möglichst kurze Time-to-Market ausgerichtet. Je nach Projekt beschleunigen sie diese um bis zu sechs Monate. „Davon profitieren in erster Linie die Kunden und somit natürlich auch die Patienten“, sagt Biedermann. Schließlich sei jede Woche, die ein gerade zugelassenes Medikament früher auf den Markt komme, für alle Beteiligten sehr viel wert. Nicht zu unterschützen sei dabei das Wissen, das die Planer und Ingenieure von Optima Pharma mit jedem CSPE-Zyklus gewinnen. Biedermann berichtet: „Es gelingt uns zunehmend, die Prozesse zu optimieren und die Inbetriebnahme zu beschleunigen.“
So entsteht wiederum ein Mehrwert für den Kunden. Ebenso wie mit den digitalen Instrumenten für die Produktion, die Optima Pharma anbietet. „Denn für uns ist Digitalisierung kein Selbstzweck, keine Spielwiese, deren Grenzen wir mal eben ausloten wollen“, betont Ellwanger. „Alle digitalen Tools müssen immer einen Kundennutzen bringen. Sobald wir diesen erkennen, setzen wir die Möglichkeiten der Digitalisierung rasch und überzeugend um.“