27.11.2024

Der Annex 1 und Fill- and-Finish-Prozesse: Mögliche Lösungsansätze und Einschränkungen

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Beispiele für die sterile Herstellung und Handschuheingriffe

Die Umsetzung des EU GMP Annex 1, der strenge Vorgaben für die Herstellung steriler Arzneimittel festlegt, stellt Pharmaunternehmen vor neue Herausforderungen. In absehbarer Zeit werden nach Einschätzung von Ralf Wagner, Sales Director für die DACH-Region, Portugal und Spanien bei Optima Pharma, Handschuheingriffe – insbesondere bei Hochgeschwindigkeitsanlagen – höchstwahrscheinlich nicht vollständig aus dem aseptischen Prozess eliminiert werden können. 

Kamerasysteme als Ergänzung bei Handschuheingriffen in aseptischen Produktionsanlagen

Obwohl die Automatisierung in der aseptischen Herstellung stetig voranschreitet, werden Handschuheingriffe insbesondere bei Hochgeschwindigkeitsanlagen wohl auch in absehbarer Zeit nicht vollständig vermieden werden können. Hier bieten Kamerasysteme eine wertvolle Unterstützung, da die Kritikalität eines Prozesseingriffs und dessen potenzielle Auswirkungen auf die pharmazeutische Qualität beurteilt, bewertet und dokumentiert werden kann. Hochgeschwindigkeitskameras zeichnen Arbeitsprozesse kontinuierlich auf und speichern automatisch relevante Sequenzen, wie beispielsweise bei einem Anlagenstopp oder einem Handschuheingriff. So können Eingriffe im Nachhinein analysiert und deren Auswirkungen auf die pharmazeutischen Anforderungen und Qualitätsvorgaben bewertet und dokumentiert werden. 

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Kamerasysteme mit Ringspeicher zeichnen automatisch auf und speichern, sobald beispielsweise ein Handschuheingriff während der Batch-Verarbeitung erfolgt. Damit lässt sich nachträglich beurteilen und dokumentieren, ob dieser entsprechend den Regularien und von den Pharmazeuten definierten SOP’s (Standard Operating Procedure) durchgeführt wurde.

Diskussionen um die Umsetzbarkeit der Annex 1-Vorgaben

Die Regelungen des Annex 1 werden in der Branche weiterhin intensiv diskutiert, da einzelne Anforderungen aufgrund technischer oder physikalischer Gegebenheiten neue Lösungen erfordern oder in Einzelfällen als nicht vollständig abbildbar gelten. Dies betrifft beispielsweise:

  • Regelungen, für die es in der Praxis Detailerklärungen zur optimalen Umsetzung erfordert: Beispielsweise verlangt Annex 1, dass alle indirekt berührende Teile, die mit dem Produkt in Berührung kommen, sterilisiert, weitgehend vormontiert und unter aseptischen Gesichtspunkten eingebracht werden. Dafür wurden von Optima neue Handlinghilfen entwickelt, um die Umsetzung in der Praxis zu ermöglichen und bereits in der Mock-up Phase zu berücksichtigen. Weitere Entwicklungen zur Automatisierung des händischen Prozesses werden bereits in konkreten Kundenprojekten aufgezeigt und angeboten. 
  • Regelungen, die nicht eindeutig formuliert sind: Ein Beispiel ist die Vorgabe zur Geschwindigkeit der unidirektionalen Luftströmung von 0,36 – 0,54 m/s in der „working position“, also auf Arbeitshöhe. Unterschiedliche Definitionen der „working position“ können zu anderen Luftgeschwindigkeitsergebnissen führen. Hier helfen projektspezifische Studien und Simulationen zur Darstellung der Strömungen des Laminar Flows über sämtliche Anlagenzonen hinweg. Dadurch werden die in Annex 1 definierten Vorgaben bei zugleich minimierten Querströmungen auf Objekthöhe demonstriert und nachgewiesen. 
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Strömungssimulationen des Anlagenherstellers geben Aufschluss über potenziell problematische Zonen im Isolator, die dem First-Air-Prinzip des Annex 1 zuwiderlaufen könnten. Noch in der Engineering-Phase werden diese Zonen optimiert. Pharmazeutischen Unternehmen und CDMOs können als Kunde des Anlagenbaus Strömungssimulationen in ihre Contamination Control Strategy (CCS) übernehmen, um die Optimierung einer Anlage zu dokumentieren.

Fazit: Anpassungen an individuelle Anforderungen

Der Annex 1 lässt den Pharmaunternehmen einen gewissen Handlungsspielraum, den sie im Rahmen eines risikobasierten Ansatzes beispielsweise im Rahmen von CCS-Studien nutzen können, um ihre Prozesse regelkonform zu abzubilden und nachzuweisen. Allgemeingültige Lösungen zur Umsetzung und Realisierung kommen in der Praxis selten zu tragen, da diese von Kunden- und Arzneimittelanforderungen sowie dem damit abhängigen Engineering und Verarbeitungsprozess abhängen.

Betreiber neuer oder bestehender Anlagen müssen die Einhaltung der Annex 1 Regularien bei den Behördeninspektion darlegen, sodass teilweise neue technische Ausführungen erforderlichen werden. Contract Development and Manufacturing Organizations (CDMOs), die eine Vielzahl von verschiedenen Arzneimitteln verarbeiten, setzen auf maximale Flexibilität. Dahingehend legen pharmazeutische Hersteller ausgewählter Produkte besonderen Wert auf die Kompatibilität neuer Technologien legen.


Ralf Wagner

Auteur

Ralf Wagner
Director Sales D/A/CH, Spain, Portugal, OPTIMA pharma

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