Der wachsende Biopharmamarkt bietet ein attraktives Betätigungsfeld für Lohnhersteller. So etwa für Biovian aus Finnland. Der One-Stop-Shop-CDMO hat vor kurzem seine Produktionsausstattung durch eine vollautomatische Vial-Fülllinie ergänzt. Zwei wesentliche Anforderungen galt es zu erfüllen: Die Anlage sollte Verluste der wertvollen Therapeutika beim Abfüllen minimieren und sich in die besonderen baulichen Bedingungen im Turku Bioscience Centre einfügen.
CDMO: Contract Development and Manufacturing Organization, Vertragshersteller und -entwickler, die insbesondere in der pharmazeutischen Industrie Unterstützung in Forschung und Entwicklung sowie in der Herstellung von Arzneiprodukten anbieten.
CDMOs unterstützen Pharmahersteller auf vielfältige Weise. Sie helfen bei Kapazitätsproblemen, reagieren durch flexible Prozessentwicklung auf die Bedürfnisse und übernehmen das Up-Scaling zur GMP-Produktion: Die Partnerschaft mit einem CDMO kann vielen Entwicklern biopharmazeutischer Arzneimittel einen Vorsprung verschaffen. Dies gilt insbesondere für diejenigen, die umfassende Dienstleistungen anbieten und kleine bis mittelgroße Chargen für klinische Studien und darüber hinaus produzieren können. Eines der Unternehmen, das mit breitgefächerten Services auf die steigende Nachfrage reagieren kann, ist Biovian. Das vor 18 Jahren gegründete finnische Unternehmen verfügt in Turku, ca. 170 km westlich von Helsinki, über 1300 m² GMP-gerechte Produktionsfläche. Diese wurde in den vergangenen Jahren mit modernstem Equipment, unter anderen mit Single-use-Bioreaktoren, ausgerüstet. Insbesondere die wachsende Nachfrage nach Arzneimitteln für die Gentherapie führte zur Erweiterung der Produktionskapazitäten. Das Unternehmen versteht sich als One-Stop-Shop-CDMO, deckt also die gesamte Wertschöpfungskette der biopharmazeutischen Herstellung von der frühen Entwicklung bis hin zur Abfüllung und Etikettierung ab.
Biovians Kunden werden auch mit der kommerziellen GMP-Herstellung von Chargen der Biopharmaprodukte inklusive des Fill-and-Finish unterstützt. Für die Direktorin für Entwicklung und Herstellung, Pirkko Kortteinen, stand Anfang 2019 fest, dass das Unternehmen eine vollautomatische Abfüllanlage benötigt, die Chargengrößen bis zu 10.000 Vials abdeckt und auf die Überarbeitung von Anhang 1 des EU-GMP-Leitfadens vorbereitet ist. Projektmanagerin Ulla Myllymaa erhielt die Aufgabe, einen Lieferanten zu finden, der neben den genannten Anforderungen auch den besonderen baulichen Rahmenbedingungen des künftigen Aufstellortes entsprechen konnte. Dies sollte den künftigen Lieferanten Optima noch besonders fordern.
Die Suche nach einer geeigneten Maschine gestaltete sich alles andere als einfach. Ulla Myllymaa musste feststellen: Die Optionen auf dem Markt sind recht begrenzt. Daher richtete sie sogar den Blick auf die Hersteller einzelner Komponenten. Zunächst wollte sie sich bei Optima Pharma über Füllmaschinen informieren. Technical Sales Manager Thorsten Meiser erinnert sich: „Im Gespräch kamen wir schnell darauf, dass wir von Optima die komplette Maschine zur Vial-Befüllung inklusive Einheiten zum Verschließen sowie RABS und integriertem System für die Luftprobenahme liefern können. Das war genau das, was Biovian suchte.“ Er konnte der Projektmanagerin sogar ein gerade neu aufgelegtes Maschinenkonzept anbieten, das gegenüber bisherigen Vial-Füll- und Verschließmaschinen in einigen Details verbessert worden war.
Glücklicherweise stand in Schwäbisch Hall gerade eine entsprechende Maschine kurz vor der Auslieferung bereit. Ulla Myllymaa konnte das System im Detail inspizieren und auch die Erreichbarkeit jedes Teils durch die Handschuhöffnungen testen. Meiser: „Sie war begeistert und hätte die Maschine, so wie sie war, am liebsten sofort mitgenommen.“ Doch die Maschine war für einen deutschen Kunden reserviert, an den sie nach erfolgreichem FAT kurz darauf ausgeliefert wurde. Bald darauf erfuhren Meiser und die zuständige Projektmanagerin Sabine Wildenhain, dass Biovian spezifische Anforderungen hatte, die die scheinbare Standardmaschine einzigartig machen sollte.
Denn Biovian hatte vor, die Vial-Abfülllinie im siebten Stock seines Bioscience Centres aufzustellen. Dort ist die Deckenhöhe mit 2,40 m deutlich geringer als in üblichen Produktionsstätten. Dies musste bei der Ausführung des RABS-Containments berücksichtigt werden. Meiser erläutert: „Mit Hilfe einer Studie konnten wir die Höhe der Laminar-Flow-Einheit entsprechend reduzieren. Natürlich mussten wir evaluieren, dass dennoch ein ausreichender Luftstrom besteht, um die geforderte Partikelfreiheit sicherzustellen.“ Dies war die größte Hürde. Als sie genommen war und Optima eine Lösung präsentieren konnte, ging es schnell.
In kurzer Zeit entstand das Lastenheft. Meiser führt dies auf großes gegenseitiges Vertrauen zurück: „Die Verantwortlichen von Biovian haben uns von Optima als Experten wahrgenommen, die wissen, was sie tun.“ Folgerichtig lief auch das finale Meeting vor Auftragserteilung reibungslos. Im Sommer 2019 besprachen Ulla Myllymaa und Kaisa Paasimaa, eine Technik-Expertin von Biovian, mit dem Team von Optima die letzten Details. Zwei Tage waren dafür geplant; an einem Tag war bereits alles erledigt. Ein wichtiges Thema war, wie man die neue Vial-Füllmaschine über enge Wege und Kurven in den siebten Stock bringen könnte. Schließlich wurde beschlossen, die Maschine in zwei Teilen anzulegen – sowohl mechanisch als auch elektrisch –, die leicht transportiert und vor Ort schnell zusammengebaut werden können. Die Abfüllmaschine wurde zudem mit Kompensationszellen ausgerüstet, die Schwingungen ausgleichen, welche die Genauigkeit und Stabilität der Wägungen bei der Dosierung beeinträchtigen könnten.
Wie von Biovian gewünscht, kann die an die Kundenanforderungen angepasste Vial-Anlage VFVM231 verschiedene Fläschchen-Größen von 2R bis 100H handhaben und Füllmengen zwischen 0,2 bis 100 ml realisieren. Die Vials werden „ready to use“ in Trays, verpackt in Beutel, geliefert. Angesichts der kleinen Chargen werden die Beutel innerhalb der Containment-Umgebung händisch entfernt, vom Bediener auf der Turning-Station gedreht und auf einen Drehteller geschoben. Weiter geht es vollautomatisch. Die zu füllenden Objekte werden in ein Rechensystem eingebracht, gewogen und mit Hilfe einer Peristaltikpumpe gefüllt. Deren Schlauch kann als Single-use-Komponente bei jedem neuen Batch einfach ausgetauscht werden. Bei der Befüllung ist Flexibilität gefordert, denn die Produkte können unterschiedlich dickflüssig sein und neigen zum Teil zum Schäumen. Die meisten der von Biovian abzufüllenden Biopharmazeutika sind hochpreisig.
Daher implementierten die Optima Experten spezielle Funktionen im Füllbereich, etwa das sogenannte Redosing-on-Request (RoR, Nachfüllen bei Bedarf ) im Rahmen der In-Prozess-Kontrolle. Dazu läuft die Füllnadel einem unzureichend befüllten Vial bis zur Kontrollwägezelle nach. An dieser IPC (In-Process-Control)- Stelle wird dann nachdosiert. Auch beim Anfahren eines Batchs, also einer Phase, in der sich Luft im Förderschlauch befinden könnte, hilft diese Funktion. Beim Leerfahren sorgt sie dafür, dass das komplette Material einer Charge verwendet wird. Derartige Product Saving Features gibt es auch an der Verschließmaschine. Fehlt beispielsweise ein Stopfen, wird ein neuer Stopfen aus dem Sortiertopf nachgefördert. All dies zielt darauf ab, dass angesichts der kleinen, sehr wertvollen Chargen möglichst wenig teilweise gefüllte oder nicht ordnungsmäßig verschlossene Vials ausgeschleust werden müssen. Schließlich werden die Fläschchen mit einer Kappe final verschlossen und verbördelt.
Im CDMO-Geschäft sind Chargen- und Produktwechsel häufig. Die Maschine sowie ihre Steuerung wurden daher so ausgelegt, dass das von Optima Experten geschulte Biovian-Personal die Maschine selbst auf neue Produkteigenschaften oder Vial-Größen anpassen kann. Die verwendeten Formatteile lassen sich leicht handhaben und bei Bedarf austauschen. Die Kompaktheit der Maschine bringt weitere Vorteile. Sie erlaubt es, dass auch kleinere Bedienerinnen und Bediener via Handschuh alle Stellen der Maschine erreichen.
Der Versand und die Montage der Maschine liefen wie am Schnürchen. Optima lieferte sie vor Weihnachten aus, „absolut termingerecht“, freut sich Sabine Wildenhain, die Optima Projektmanagerin. Sichtlich zufrieden berichtet sie vom perfekten Zusammenspiel aller Beteiligten und der Tatsache, dass dieses Projekt von Frauenpower geprägt war – sowohl bei Biovian als auch bei Optima. Sie berichtet: „Wir hatten eine Projektingenieurin im Vertrieb, eine Konstrukteurin für die Maschine, eine für die Fülleinheit, eine Qualifiziererin und auch für die Luftaufbereitung und Partikelmessung war eine Frau zuständig.“ Zur Höchstform lief auch das Montageteam auf: Es arbeitete Hand in Hand mit der Konstrukteurin und trug mit seiner großen Erfahrung und seinem Gespür für Kundenwünsche maßgeblich zu rundlaufenden Prozessen und einer Maschine von höchster Qualität bei. Die Projektpartner beim Kunden waren zufrieden. Ulla Myllymaa bestätigt: „Die Kooperation mit Optima war vom Anfang bis zum Ende wirklich gut. Alle Komponenten wurden im Angebot spezifiziert. Wir haben regelmäßige Updates über die Prozessschritte in Form von Bildern und Telekonferenzen erhalten. Zudem schätze ich die Tatsache, dass wir eine einzige Ansprechpartnerin bei Optima hatten, eine sehr sachkundige Projektmanagerin. Künftig können wir Kunden, die uns besuchen, ein hochwertiges Equipment für die Abfüllung präsentieren.“ Die kundenspezifische Füllmaschinen-RABS-Einheit wird eventuell eines Tages in ein anderes Fabrikgebäude umziehen. Dank des modularen Aufbaus wird dies leicht zu bewerkstelligen sein. Bei Bedarf ließe sich dann der Maschinenschutz (Containment) von jetzt 1,70 m erhöhen, was größeren Maschinenbedienern zugutekommen würde. Mit der neuen, flexiblen Optima Maschine hat Biovian sein One-Stop-Shop-Angebot zukunftssicher gemacht.
Beim Stopfensetzen gibt es ein weiteres Product Saving Feature, das unzureichend verschlossene Vials verhindert. Danach werden diese mit einer Kappe verschlossen und verbördelt.
Beim Entpacken der „ready to use” angelieferten Vials wird noch auf Automatisierung verzichtet. Die Beutel werden innerhalb der Containment-Umgebung manuell entfernt.
Die Biopharma-Unternehmen, für die wir als CDMO-Partner tätig sind, entwickeln innovative Medikamente der Zukunft. Das heißt, die uns anvertrauten Produkte sind äußerst wertvoll. Viele der Medikamentenkandidaten, die wir GMP-gerecht herstellen und aseptisch abfüllen, sind sogenannte „First-in-human“-Produkte für bislang ungedeckte medizinische Bedürfnisse. Aus diesem Grund ist minimaler Produktverlust bei kleinen Chargengrößen notwendig. Die Abfüllanlage muss robust und zuverlässig sein. Vollautomatisierung und automatische Volumenkontrolle gehören zu den wichtigen Merkmalen.
Wie waren Sie mit dem Ablauf des Projekts zufrieden?Die Arbeitsweise war von Anfang bis Ende höchst professionell. Optima hat auf Änderungswünsche, die wir während des Projektverlaufs einbrachten, schnell reagiert. Darüber hinaus hielt Optima das genaue Lieferdatum ein.
Fill-and-Finish ist eine Kernkompetenz von Biovian und ein wesentlicher Bestandteil unseres One-Stop-Shop-CDMO-Konzepts. Es war wichtig für uns, in das hochmoderne automatisierte System mit RABS zu investieren, das die aktuellen und zukünftigen regulatorischen Anforderungen (Annex 1 des EU-GMP-Leitfadens „Manufacture of Sterile Medicinal Products“) erfüllt. Die Optima Maschine wird unsere Fähigkeiten stärken, unserem weltweiten Kundenstamm qualitativ hochwertige, umfassende Dienstleistungen anzubieten.